Tag: P
In einem kleinen, von Kerzenlicht erhellten Zimmer saß Clara an ihrem Schreibtisch und starrte auf das leere Blatt Papier vor ihr. Draußen fiel leise Schnee, und der Wind zeichnete unsichtbare Muster in die Dunkelheit. Es war ein Abend wie viele zuvor – und doch sollte heute etwas anders sein.
Seit Monaten lieferte sie sich mit Helena ein Wortgefecht. Es begann mit einer harmlosen Meinungsverschiedenheit, doch mit der Zeit wurde jedes Wort, jeder Kommentar zum Treibstoff für einen nicht enden wollenden Streit. Helena wusste genau, wie sie Claras Reaktionen provozieren konnte. Und Clara? Sie ließ sich jedes Mal darauf ein.
Doch heute, in der stillen Atmosphäre dieses winterlichen Abends, fiel ihr Blick auf einen alten Spiegel an der Wand. Es war ein Familienerbstück, mit einem leicht getrübten Glas und verschnörkeltem Rahmen. Sie sah hinein – und erkannte etwas, das ihr zuvor entgangen war: Müdigkeit in ihren Augen.
Plötzlich wurde ihr klar, dass sie sich in einen Kampf verstrickt hatte, der nur einer Person nützte – und das war nicht sie. Helena lebte von diesen Auseinandersetzungen. Jede ihrer Reaktionen war wie ein Echo, das die nächste Anschuldigung befeuerte. Und Clara? Sie hatte sich selbst in einer Endlosschleife verloren.
Mit einem tiefen Atemzug nahm sie das Blatt vor sich und schrieb nur eine einzige Zeile:
"Ich steige aus."
Es war ihr Abschied, ihre Befreiung – ihr stilles Geschenk an sich selbst. Sie wusste, dass Helena weitermachen würde, das tat sie immer. Doch ohne Claras Antworten würde ihr die Bühne fehlen.
Clara faltete den Zettel, legte ihn auf den Tisch und stand auf. Zum ersten Mal seit Langem fühlte sie sich leicht. Der Spiegel vor ihr wirkte nun nicht mehr trüb – sondern klar.
Und während der Schnee draußen weiterfiel, beschloss sie, dass es Zeit für neue Kapitel war. Kapitel, in denen sie nicht länger auf jemand anderen reagieren musste – sondern ihre eigene Geschichte schrieb.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 28.03.2025, 09.15 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Die Reise des Krokus
Es war ein kalter Wintertag, als tief unter der Erde ein kleiner Krokus begann, sich zu regen. Die Erde war noch frostig, doch er spürte, dass seine Zeit gekommen war. Mutig schob er sich Stück für Stück nach oben, bis er endlich das Licht erblickte.
Die Sonne wärmte seine zarten Blütenblätter, und während der Schnee um ihn herum langsam schmolz, öffnete er sich in leuchtendem Violett. Er war der Erste, der den Frühling ankündigte, und schon bald summten die ersten Bienen um ihn herum, dankbar für den süßen Nektar.
Die Menschen, die an ihm vorbeigingen, lächelten. "Schau, ein Krokus! Der Frühling ist nicht mehr weit!" flüsterten sie. Und so wusste der kleine Krokus, dass er nicht nur eine Blume war – sondern ein Bote der Hoffnung.
28.03.2025, 06.35 | (0/0) Kommentare | TB | PL
In einer ganz normalen Waschküche, hinter der Trommel einer alten Waschmaschine, lebte ein kleines Wesen, das die Menschen niemals zu Gesicht bekamen: das Sockenmonster.
Es war nicht böse, oh nein! Aber es hatte eine große Schwäche – einzelne Socken. Immer wenn jemand Wäsche wusch und die Maschine lief, schlich es aus seinem Versteck und wartete auf den richtigen Moment. Es liebte die weichen, bunten Stoffe und konnte einfach nicht widerstehen. Doch es hatte eine ganz besondere Regel: Niemals ein Paar, sondern immer nur eine einzelne Socke. Denn nichts war spannender, als die Menschen in Verwirrung zu stürzen, wenn sie ihre Wäsche aus der Maschine holten und sich fragten, wo die zweite Socke geblieben war.
Eines Tages zog die Familie Schmidt in das Haus ein, und mit ihnen kam ein kluger Junge namens Max. Max hatte genug von verschwundenen Socken. Er stellte Nachforschungen an, zählte seine Socken vor und nach jedem Waschgang, aber immer wieder fehlte eine. Er beschloss, dem Rätsel auf den Grund zu gehen.
Eines Abends, als alle schliefen, legte Max eine Kamera vor die Waschmaschine und platzierte ein besonders flauschiges Paar Socken als Köder. Er schaltete die Waschmaschine ein und versteckte sich hinter der Tür. Und tatsächlich! Als die Trommel sich drehte und das Wasser plätscherte, huschte ein winziges, wuscheliges Wesen hervor, mit leuchtenden Knopfaugen und kleinen Krallen. Es zog vorsichtig eine Socke aus der Trommel und verschwand in einer kaum sichtbaren Ritze zwischen den Rohren.
Max war fasziniert. Er wollte das Sockenmonster nicht verjagen, sondern verstehen. Also hinterließ er ihm eine kleine Botschaft neben der Waschmaschine: "Liebes Sockenmonster, ich sehe dich. Können wir Freunde sein?"
Am nächsten Morgen lag neben der Nachricht eine seiner verlorenen Socken – ordentlich gefaltet. Von diesem Tag an lebten Max und das Sockenmonster in einer stillen Freundschaft. Max ließ ihm ab und zu eine besonders schöne Socke als Geschenk da, und im Gegenzug verschwanden nie wieder seine liebsten Paare. Denn auch ein Sockenmonster kann Freundschaft schätzen – wenn man ihm nur die Chance gibt.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 25.03.2025, 10.50 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Biest + zugeben + zärtlich
Niemand wollte es zugeben, aber Omas Katze Mrs. Purrlina war ein Biest. Sie fauchte, kratzte und hatte eine große Vorliebe dafür, Socken in den Tiefen des Hauses verschwinden zu lassen. Doch als Opa krank wurde, geschah das Unfassbare: Die kleine Bestie kletterte auf sein Bett und schnurrte. Sie schmiegte sich an ihn, stupste ihn zärtlich mit der Nase und blieb die ganze Nacht. „Ich glaube, sie mag mich doch“, murmelte Opa gerührt. Oma lachte. „Oder sie plant nur dein Erbe.“ Die Katze blinzelte. Niemand wusste es genau – außer ihr.
Und die Socken, nun ja… die blieben für immer verschwunden.
Anne Seltmann 24.03.2025, 15.59 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL
Wenn ich dir heute wieder sage,
dass ich dich liebe –
dann ist es nicht mehr als ein Moment,
ein flackernder Gedanke,
verloren im Rausch der Nacht.
Ich fliege ziellos,
treibe durch Schatten und Licht,
doch mein Herz –
es gehört dir,
in all seiner Wirrnis,
in all seiner Zerbrechlichkeit.
~*~
© Anne Seltmann
1997
Anne Seltmann 20.03.2025, 10.53 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Wollkönigin von Schnurrland
In einem kleinen, gemütlichen Haus lebte die Katze Minka – ein wunderschönes, flauschiges Geschöpf mit leuchtend gelben Augen und einer Vorliebe für Wolle. Doch Minka war nicht einfach nur eine Katze. Nein, sie war die selbsternannte Wollkönigin von Schnurrland.
Eines Tages fand sie einen riesigen Korb voller bunter Wollknäuel. "Ah! Ein Thron, wie für mich gemacht!", dachte sie und sprang mit königlicher Anmut hinein. Sie wickelte sich genüsslich in die weichen Fäden, drehte sich zweimal im Kreis und blickte dann stolz in die Ferne – als wäre sie die Herrscherin über das Königreich der Strickwaren.
Doch ihr Plan hatte einen Haken. Als sie sich bewegen wollte, hatte sich die Wolle um ihre Pfoten geschlungen. Sie zappelte, sie kämpfte – doch je mehr sie sich befreite, desto mehr verwandelte sie sich in eine lebende, flauschige Wollmumie.
Genau in diesem Moment kam ihr Mensch in den Raum. "Minka! Was hast du nur getan?" Minka blinzelte unschuldig und hob den Kopf ein wenig höher, als wollte sie sagen: "Ich? Ich regiere hier nur mein Reich!!!"
Ihr Mensch seufzte, befreite sie vorsichtig aus dem Wollchaos und hob sie auf den Arm. „Du bist wirklich unmöglich“, murmelte er, während Minka genüsslich zu schnurren begann.
Anne Seltmann 19.03.2025, 17.26 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL
Denke ich an den Frühling,
sehe ich die ersten Knospen,
die zaghaft die Kälte durchbrechen.
Ein zarter Hauch von Wärme
streift mein Gesicht,
die Vögel kehren zurück,
ihr Gesang erfüllt die Luft.
Die Tage werden länger,
das Licht kehrt zurück,
Farben erwachen zum Leben.
Ein Neubeginn für die Natur,
ein Aufbruch aus dem Winterschlaf,
Hoffnung keimt in jedem Herzen.
~*~
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 18.03.2025, 06.59 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Museum + umherkriechen + rücksichtslos
Ein **Drabble** ist eine kurze Erzählung, die genau 100 Wörter umfasst, ohne die Überschrift mitzuzählen. Dieses Format fordert Autoren heraus, prägnant und fokussiert zu schreiben, um in dieser begrenzten Wortzahl eine vollständige Geschichte oder Aussage zu vermitteln.
Der Begriff "Drabble" stammt ursprünglich aus dem britischen Science-Fiction-Fandom der 1980er Jahre. Die Birmingham University SF Society standardisierte damals dieses Format, inspiriert von einem Sketch der Comedy-Gruppe Monty Python.
Obwohl Drabbles ihren Ursprung in der Science-Fiction haben, finden sie heute in verschiedenen Genres Anwendung. Die Herausforderung, eine Geschichte auf genau 100 Wörter zu begrenzen, fördert die Kreativität und Präzision im Schreiben
Zusätzlich zum klassischen Drabble gibt es auch Varianten mit 200, 300 oder mehr Wörtern. Diese längeren Formen bieten mehr Raum für Entwicklung, erfordern jedoch weiterhin eine konzentrierte und effiziente Erzählweise
18.03.2025, 04.17 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Der St. Patrick's Day ist der Gedenktag des irischen Bischofs Patrick, der im 5. Jahrhundert lebte und als erster christlicher Missionar in Irland gilt.
Jährlich am 17. März gefeiert, hat sich dieser Tag von einem religiösen Fest zu einem weltweiten Ereignis entwickelt, das die irische Kultur und Tradition zelebriert.
Historischer Hintergrund: St. Patrick wurde im 5. Jahrhundert in Großbritannien geboren und im Alter von 16 Jahren von Piraten nach Irland verschleppt, wo er als Sklave gehalten wurde. Während dieser Zeit fand er zum Christentum. Nach seiner Flucht kehrte er später als Bischof nach Irland zurück, um den christlichen Glauben zu verbreiten.
Bräuche und Symbole: Typische Symbole des St. Patrick's Day sind das dreiblättrige Kleeblatt und die Farbe Grün. Das Kleeblatt soll der Legende nach von St. Patrick genutzt worden sein, um die christliche Dreifaltigkeit zu erklären.
Die Farbe Grün steht für die grüne Insel Irland und wird an diesem Tag in Kleidung, Dekorationen und sogar in Lebensmitteln verwendet.
Feierlichkeiten weltweit: Ursprünglich ein religiöser Feiertag in Irland, wird der St. Patrick's Day heute weltweit gefeiert. In vielen Städten finden Paraden, Festivals und Veranstaltungen statt, bei denen irische Musik, Tanz und Kulinarik im Mittelpunkt stehen. In Irland selbst sind die Feierlichkeiten vielfältig und umfassen Paraden, Festivals und kulturelle Veranstaltungen. Die Hauptstadt Dublin zieht dabei zahlreiche Besucher an, die die irische Kultur und Geschichte hautnah erleben möchten.
Der St. Patrick's Day ist somit ein Tag, der nicht nur die Person des Heiligen Patrick ehrt, sondern auch die reiche Kultur und Geschichte Irlands feiert.
Anne Seltmann 17.03.2025, 08.21 | (0/0) Kommentare | TB | PL