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Engel







Ich ließ meinen Engel lange nicht los,

und er verarmte mir in den Armen

und wurde klein, und ich wurde groß:

und auf einmal war ich das Erbarmen,

und er eine zitternde Bitte bloß.



Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –

und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;

er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,

und wir haben langsam einander erkannt...



Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,

kann er frei seine Flügel entfalten

und die Stille der Sterne durchspalten, –

denn er muss meiner einsamen Nacht

nicht mehr die ängstlichen Hände halten –

seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.


~*~


Rainer Maria Rilke




Anne Seltmann 18.12.2023, 08.28

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Sandra

Sehr schön.

Ich blogge 2024 erst wieder und wünsche Dir daher jetzt schon frohe Weihnachten und einen guten Rutsch.

LG
Sandra!

vom 18.12.2023, 17.38
1. von Elke

Liebe Anne,
das ist ein schwierig zu interpretierendes Gedicht, sehr eigenwillig. Vielleicht müsste ich mehr über Rilke wissen, als ich es tue, um wirklich etwas damit anfangen zu können. Es klingt wie eine Negierung des Themas Schutzengel. Ich glaube, da kann man eine Weile drüber nachdenken.
Herzliche Grüße – Elke

vom 18.12.2023, 15.06
Antwort von Anne Seltmann:



Ich finde es nicht, aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich seit Jahrzehnten mit Gedichten auseinandersetze.
Und jeder hat so wie so eine andere Interpretation. 
Rilke ist einer meiner Lieblingsautoren und ich lese ihn gerne und immer wieder. Mein Interesse an seinen Gedichten ist bis heute ungebrochen.

Und ja, es gibt tatsächlich auch welche, die sich mir bis heute nicht erschließen, egal wie gut man Rilke kennt.