Tag: Heidi
Donnerwolke, die gegrollt
Und nun ausruht glänzend hold,
Die so abendruhig schweigt,
Sich dem Kuckuck horchend neigt
Über grüner Wälder Kern,
Kaum erst angestürmt von fern,
Lehrt mich nicht dein stilles Tun,
Sanft von Schmerzen auszuruhn?
~*~
Karl Mayer
1836
Quelle: Wikipedia
Karl Friedrich Hartmann Mayer (22. März 1786-25. Februar 1870) war Jurist und Dichter. Er gehörte zur Schwäbischen Dichterschule, zum Freundeskreis um Justinus Kerner sowie zum Seracher Dichterkreis um den Grafen Alexander von Württemberg. Sein jüngerer Bruder Louis Mayer war Landschaftsmaler. Karl Mayer war ein Meister der Naturlyrik und beschränkte sich weitgehend auf dieses Genre. Zahlreiche Frühlingsgedichte entsprangen seiner Feder.
Anne Seltmann 04.07.2023, 08.33 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Wolkentore
Wenn wir Flügel kriegen
ziehen wir uns aus der Welt zurück
Lass uns durch die Wolkentore fliegen
für einen kleinen Augenblick.
Die Morgensonne schickt ihre Strahlen,
Tautropfen fallen wie Perlen ins Licht.
Die Sorgen von gestern werden zerfallen
auf Wiesen und Felder siehst du sie nicht.
~*~
© Anne Seltmann 2023
Von Nova inspiriert und ganz frisch gedichtet
Anne Seltmann 18.06.2023, 06.52 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
O wie schön ist deine Welt,
Vater, wenn sie golden strahlet!
Wenn dein Glanz herniederfällt
Und den Staub mit Schimmer malet,
Wenn das Rot, das in der Wolke blinkt,
In mein stilles Fenster sinkt!
Könnt ich klagen, könnt ich zagen?
Irre sein an dir und mir?
Nein, ich will im Busen tragen
Deinen Himmel schon allhier.
Und dies Herz, eh' es zusammenbricht,
Trinkt noch Glut und schlürft noch Licht.
~*~
Karl Gottlieb Lappe
1773-1843
Anne Seltmann 17.05.2023, 09.11 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Weiße Wolken
O schau, sie schweben wieder
Wie leise Melodien
Vergessener schöner Lieder
Am blauen Himmel hin!
Kein Herz kann sie verstehen,
Dem nicht auf langer Fahrt
Ein Wissen von allen Wehen
Und Freuden des Wanderns ward.
Ich liebe die Weißen, Losen
Wie Sonne, Meer und Wind,
Weil sie der Heimatlosen
Schwestern und Engel sind.
~*~
Hermann Hesse
Anne Seltmann 02.05.2023, 06.09 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Das Freudenlied des Tsoai-Talee
Ich bin eine Feder am hellen Himmel
Ich bin das blaue Pferd, das über die Ebene jagt
Ich bin der Fisch, der glänzt, und sich im Wasser tummelt
Ich bin der Schatten, der einem Kinde folgt
Ich bin das Abendlicht -- die Wonne der Wiesen
Ich bin ein Adler, der mit dem Winde spielt
Ich bin eine Traube aus strahlenden Tropfen
Ich bin der fernste Stern
Ich bin die Kühle des Morgens
Ich bin das Tosen des Regens
Ich bin das Glitzern auf dem verharschten Schnee
Ich bin der Pfad des Mondes auf dem Wasser
Ich bin eine Flamme aus vier Farben
Ich bin das Reh, dessen Bild sich im Dämmerlicht des Abends verliert
Ich bin der Winkel im Flug der Wildgänse am winterlichen Himmel
Ich bin der Hunger des jungen Wolfes
Ich bin der umfassende Traum dieser Dinge
Verstehst du -- ich lebe, ich lebe
Ich stehe in guter Beziehung zur Erde
Ich stehe in guter Beziehung zu dem Göttlichem
Ich stehe in guter Beziehung zu allem, was schön ist
Verstehst du -- ich lebe, ich lebe
ICH LEBE
~*~
Indianische Weisheit
Anne Seltmann 07.04.2023, 15.48 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
O schau, sie schweben wieder
Wie leise Melodien
Vergessener schöner Lieder
Am blauen Himmel hin!
Kein Herz kann sie verstehen,
Dem nicht auf langer Fahrt
Ein Wissen von allen Wehen
Und Freuden des Wanderns ward.
Ich liebe die Weißen, Losen
Wie Sonne, Meer und Wind,
Weil sie der Heimatlosen
Schwestern und Engel sind.
~*~
Hermann Hesse
Anne Seltmann 01.04.2023, 08.29 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
In der Menschheit Gewimmel
Zwischen Lust und Pflicht
Reden sie viel vom Himmel,
aber sie finden ihn nicht.
Willst du die Flügel breiten,
suchend dein Heimathaus:
Über den Einsamkeiten
spannt sich der Himmel aus.
~*~
24.02.2023, 10.35 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Der Mond
Als Gott den lieben Mond erschuf,
gab er ihm folgenden Beruf:
Beim Zu- sowohl wie beim Abnehmen
sich deutschen Lesern zu bequemen,
ein A formierend und ein Z –
dass keiner groß zu denken hätt!`
Befolgend dies ward der Trabant
ein völlig deutscher Gegenstand.
~*~
Christian Morgenstern
Anne Seltmann 07.02.2023, 10.12 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Wolken
Vom Glanz des Mittags golden angeglüht
Lieg ich im Gras. Ich bin so wohlig müd.
Ein Schweigen flimmert. Warmen Atems ruht
Das Leben aus. Nur hoch in blauer Flut
Gehn Wolken hin, das einzig noch Bewegte
Der schwülen Welt, die sich zum Schlafe legte.
Gehn Wolken hin ... Ich seh die linden leisen
Gestalten leichtbeschwingt wie Träume reisen.
So weiß sind sie, so lächelnd aller Schwere,
Daß ich zutiefst so leises Glück begehre.
Du erste, träumerisch und mädchenzart,
Dir geb ich meine Sehnsucht auf die Fahrt,
Und dir, du zweite, mit den hellen schnellen
Armen dich stoßend durch die blauen Wellen,
Nimm die Erinnerung! Die kettet an
Die Welt mein Herz. Du weißer wilder Schwan
Schaust auch die Welt, doch deine Schwingen spüren
Die Dinge nicht, die sie im Flug berühren.
Und du mit dem demantenem Geleucht
Nimm diese Träume, noch von Tränen feucht!
Du Dunkle aber, wandernd ohne Ziel
Verliebten Winds unwilliges Gespiel,
Du nimm mein Leid an deine vollen Brüste
Und wieg es weiter! Ferne winkt die Küste
Des Abends schon wie dunkelblaue Seide. –
Ihr Wolken, weißes wehendes Geschmeide,
Wie rasch ihr geht! Mit lauen Händen streicht
Der Wind euch weiter. Und mein Herz wird leicht.
Was Unrast noch in meinem Blute war,
Weht weit im Wind wie loses Frauenhaar.
Was sehnte ich? Ich seh die Wolken wehn,
Ihr Lächeln friedsam auf mich niedersehn.
Nichts will ich mehr ... Der letzte Wunsch entglitt.
Nichts hält mich mehr ... Ich reise träumend mit.
Stefan Zweig
1881- 1942
Anne Seltmann 12.12.2022, 17.41 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL