Eines Tages saß der kleine Prinz wieder auf seinem winzigen Planeten B 612, als ihn die Sehnsucht nach neuen Entdeckungen packte. Er hatte von der Erde gehört, von all den Menschen, die dort lebten, und von den Dingen, die sie in den letzten Jahrzehnten erfunden hatten – Smartphones, Autos, das Internet und soziale Medien. Neugierig darauf, wie die Erde sich verändert hatte, beschloss er, einen weiteren Besuch abzustatten.
Mit einem leisen Wunsch im Herzen landete er in einer kleinen, pulsierenden Stadt. Die Straßen waren voller Menschen, die alle an ihren Smartphones klebten. Jeder schien auf dem Weg zu sein, irgendetwas Dringendes zu erledigen. Der kleine Prinz fühlte sich verloren zwischen all den eiligen Schritten, also setzte er sich in einen kleinen Park und sah sich um. Ein Kind mit Kopfhörern und einem Tablet in der Hand kam vorbei und fragte neugierig: "Hey, wer bist du?"
"Ich bin der kleine Prinz", antwortete er mit einem Lächeln. "Ich komme von einem fernen Planeten und habe von all den Wundern hier gehört."
Das Kind lachte. "Wundern? Naja, du meinst wohl TikToks und Selfies"
Der kleine Prinz schaute verwirrt. "Was ist ein Selfie?"
Das Kind erklärte es ihm, zeigte ihm das Smartphone und machte ein Foto mit ihm. Als das Bild auf dem Bildschirm erschien, schaute der kleine Prinz aufmerksam hin. Doch er wirkte etwas enttäuscht. "Siehst du nicht? Das ist nur das Äußere", sagte er. "Ich möchte wissen, wie du innen bist, was dein Herz fühlt."
Das Kind schaute erstaunt auf und legte das Smartphone beiseite. "Hast du wirklich gerade gefragt, wie ich mich fühle? Keiner fragt mich das.
Der kleine Prinz lächelte und nickte. "Manchmal verwechseln die Menschen das Äußere mit dem Inneren. Sie rennen schnell, weil sie glauben, sie würden mehr sehen, aber das Wesentliche bleibt unsichtbar."
Zusammen spazierten sie durch die Stadt, und der kleine Prinz stellte Fragen über all die Dinge, die Menschen so wichtig erschienen. Er fragte nach Geld, nach Status, nach den sozialen Netzwerken, wo jeder immer zeigen wollte, wie schön sein Leben war. Das Kind begann zu begreifen, dass vieles von dem, was es für wichtig gehalten hatte, nur leere Hüllen waren – so wie die Affenbrotbäume, die der kleine Prinz immer wieder jäten musste, damit sie seinen kleinen Planeten nicht überwucherten.
Am Ende ihres Gesprächs sagte der kleine Prinz: "Weißt du, auf meinem Planeten gibt es eine Rose. Ich pflege sie und kümmere mich um sie, und sie ist einzigartig für mich. Vielleicht haben die Menschen hier auch etwas Einzigartiges in ihrem Leben, etwas, das ihnen wirklich etwas bedeutet. Sie müssen es nur wiederfinden."
Das Kind dachte nach und erinnerte sich an seine eigenen Freunde und die gemeinsamen Abende ohne Smartphones und Bildschirme, an die Abenteuer im Freien, an das gemeinsame Lachen. "Ich glaube, du hast recht", flüsterte es. "Ich habe schon fast vergessen, wie viel mir das bedeutet."
Bevor der kleine Prinz aufbrach, nahm das Kind sein Handy und deaktivierte die ganzen Ablenkungen, um wieder mehr zu "„sehen". Der kleine Prinz verabschiedete sich mit einem leisen Lächeln und sagte: "Die Sterne, die funkelnden Lichter am Himmel, erinnern dich immer daran: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Dann verschwand er, zurück zu seinem kleinen Planeten. Und das Kind blieb dort, den Blick auf die Sterne gerichtet, mit einem Herz voller neuer Fragen.
© Anne Seltmann
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